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Grußwort von Prof. Frank Henning zur GUS Tagung 2025

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Grußwort von Prof. Frank Henning zur GUS Tagung 2025

Liebe Mitglieder der GUS, der Gesellschaft für Umweltsimulation,
liebe Freundinnen und Freunde, Kolleginnen und Kollegen,

Umweltsimulation bezeichnet die Nachbildung von Umweltbedingungen, um das Verhalten von Systemen, Produkten oder Prozessen unter verschiedenen Umwelteinflüssen zu analysieren. Dies kann beispielsweise Temperatur, Feuchtigkeit, Licht, Druck oder chemische Einflüsse umfassen. Ziel ist es, die Auswirkungen dieser Bedingungen zu verstehen und die Robustheit oder Leistung der getesteten Objekte zu bewerten. Umweltsimulation wird häufig in der Forschung, Produktentwicklung und Qualitätssicherung eingesetzt.

Während man vor Jahren noch erklären musste, was sich hinter der Umweltsimulation verbirgt, hat heute die Community eine Datenbasis geschaffen, die es der künstlichen Intelligenz ermöglicht genau diese eben vorgelesene Definition in einem Bruchteil einer Sekunde zur Verfügung zu stellen.

Zur 53. Jahrestagung der GUS begrüße ich sie herzlich und freue mich sehr, dass wir die Tradition des Austauschs zwischen wissenschaftlicher Forschung und industrieller Anwendung auch in diesem Jahr in so großer Runde fortführen.

Für diejenigen, die mich nicht kennen: Mein Name ist Frank Henning, ich leite das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT in Pfinztal das seit Gründung ein enger Partner der GUS ist und diese wesentlich mitgestaltet und geprägt hat. Die ingenieurswissenschaftliche Disziplin der Umweltsimulation entspricht in ihrer Praxisnähe dem typischen Profil der Fraunhofer-Forschung: Es geht um Produkte, um Ergebnisse für die industrielle Anwendung, um zukunftsrelevante Branchen und Schlüsseltechnologien zum Wohle des Wirtschaftsstandorts und der Gesellschaft.

Die Fraunhofer-Idee lebt außerdem vom Dialog, vom konstruktiven Austausch zwischen Praktikern der Industrie mit der Wissenschaft. Neben Produkten und Werkstoffen stehen gerade die Hersteller und Betreiber von Umweltsimulationsanlagen im Fokus. Sie sind typische Beispiele für den vielgelobten deutschen Mittelstand - dem Rückgrat der deutschen Wirtschaft – und gleichzeitig Weltmarktführer. Forschungsergebnisse aus der Anwendung der Simulationsanlagen können auch dazu dienen, die Technologie ihrerseits voranzutreiben und weiterzuentwickeln. 

Sobald eine technische Entwicklung das Labor und die Fertigungshalle verlässt, sich beispielsweise auf den Straßen und Wegen dieser Welt bewähren soll, kommt die Umweltsimulation ins Spiel: Mit dieser ingenieurswissenschaftlichen Methodik können Produkte robust, langlebig und nachhaltig konstruiert werden, damit sie in der alltäglichen Anwendung lange zuverlässig funktionieren. Was passieren kann, wenn das unterbleibt – nun ja, das haben wir sicher alle schon wenigstens einmal gesehen, wenn nicht gar erlebt: Dächer, die vor dem Frühjahrsregen kapitulieren, versprödete Kunststoffe im Sommer, Gebäudeschäden durch Herbststürme sowie nicht zuletzt Zug- und Flugausfälle wegen Vereisungen im Winter. 

Umweltsimulationen gewinnen in einer Ära der technischen Disruptionen an Relevanz. Nicht, dass sie je irrelevant gewesen wären, doch in Zeiten der Transformation häufen sich die Innovationen, deren Zyklen immer kürzer werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Schauen wir auf die Mobilität: Alternative Antriebskonzepte, umfassende Sensorik, Fahrerassistenzen und autonome Fahrzeugsteuerungen, um nur drei der prominentesten Beispiele zu nennen. Alle Neuerungen, die auf globalen Märkten zwischen Namibia, Nevada und Nicaragua, zwischen Nowosibirsk und Nürnberg in Alltagssituationen bestehen sollen, müssen sich in Umweltsimulationen als tauglich erweisen. Die GUS hat die Zeichen der Zeit wieder einmal erkannt und beschäftigt sich in ihrem diesjährigen Programm beispielsweise mit Batterien, dem Langzeitverhalten von Wasserstofftanks und mit der Bewitterung von Kunststoffen im Polymer Engineering.

In diesem Zusammenhang möchte ich mit Blick auf die kommenden beiden Tage besonders auf die Beiträge der ICT-Kolleginnen und -Kollegen Katharina Albrecht (»Anforderungen und Herausforderungen in der Batterieprüfung«) und Carl-Christoph Höhne (»Von klein nach groß – Untersuchungen zur stufenweisen Materialvorevaluierung von Kompositen für Wasserstofftankgehäuse im Automobilbereich«) hinweisen, die Einblicke in ihre wissenschaftlichen Arbeiten mit unmittelbarer Perspektive auf deren praktische Anwendung geben werden.

Nicht nur die Disruptionen im Mobilitätssektor stellen den Umweltsimulationen neue Aufgaben. Auch der zunehmende Trend zur Dekarbonisierung und der Wunsch nach nachhaltigen Stoffkreisläufen, die sich in den Schlagworten »Bio-Polymere« und »Recycling« manifestieren, werfen Fragen nach der Haltbarkeit und Belastbarkeit der Werkstoffe auf.

Nehmen wir einen auf den ersten Blick profanen Wischwassertank im Auto: Wie übersteht er 10, 20, 30 Jahre im weltweiten Einsatz? Wie reagiert er auf Streusalz von unten, Motor-Abwärme von der Seite und Reinigungs- beziehungsweise Frostschutzzusätze von innen, wenn er aus einem neuen Bio-Polymer oder einem recycelten Kunststoff besteht? Umweltsimulationen liefern vergleichbare, belastbare Antworten und erlauben Vorhersagen über die Eigenschaften und das Verhalten von Recyclingwerkstoffen.

Selbst wenn es nicht um globale Anwendungen, sondern »nur« um den europäischen Binnenmarkt, vielleicht sogar um regionale Märkte geht: Die beobachtbaren Verschiebungen in Temperatur und Niederschlag sowie die Häufung sogenannter Starkwetterereignisse stellt Produzenten aller Branchen vor neue Fragen, worauf die Umweltsimulation Antworten geben kann – »nie war sie so wertvoll wie heute!«

Apropos regional: Die GUS bedient zwar ganz Deutschland und das deutschsprachige Ausland, hat ihre Heimat aber in Pfinztal, in der Technologieregion Karlsruhe. Hier sind das Fraunhofer ICT und das KIT weitere wichtige Player. Die Technologieregion Karlsruhe steht sinnbildlich für den Erfolg der engen Verzahnung zwischen Forschung, Lehre, Innovation und der Anwendung in Industrie und Wirtschaft. Die Gemeinden Stutensee und Pfinztal sind zwei tragende Säulen dieser Region. Die GUS-Tagung hier in Stutensee auszutragen, ist neben allem Pragmatismus auch ein schönes Symbol. 

Mein Dank gilt allen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die diese Tagung organisiert haben und betreuen. Stellvertretend für das ganze Team danke ich Sabine Aref und Thomas Reichert vom Fraunhofer ICT.

Nun aber genug der Vorrede: Lassen Sie uns in die Themen dieser Jahrestagung einsteigen. Ich wünsche uns allen heute und morgen informative Vorträge und einen konstruktiven Austausch untereinander.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!